François Launaz
«In der vorliegenden Form ist das Gesetz unnötig»
25. Mai 2021 agvs-upsa.ch – Am 13. Juni stimmt die Schweiz über das neue CO2-Gesetz ab. Zur Überraschung der Befürworter zeichnet sich immer deutlicher ab, dass noch gar nichts entschieden ist und der Entscheid sehr knapp wird. Das hat auch damit zu tun, dass die berechtigten Argumente der Gegner immer stärker überzeugen.
kro. François Launaz, Präsident von Auto-Schweiz, ist ein Mann der klaren Worte. Von der NZZ am vergangenen Wochenende auf das neue CO2-Gesetz angesprochen, sagte er: «Dieses Gesetz wird das Verhalten gegenüber dem Auto in der Schweiz überhaupt nicht verändern.» Die Idee des Bundesrats, mit den Treibstoffpreiserhöhungen bis zu 12 Rappen pro Liter Benzin und Diesel die Menschen im Sinne einer Lenkungsabgabe vom Autoverkehr wegzusteuern, funktioniere nicht. Launaz’ grundsätzliche Einschätzung der Vorlage: «Die Linken wollen mehr Geld, die Grünen wollen gar keine Autos mehr.» Insgesamt sei das CO2-Gesetz politisch etwas, für das er kein Verständnis habe.
Klare Worte: François Launaz in der NZZ vom 22. Mai 2021.
François Launaz registriert beim neuen CO2-Gesetz aber auch eine grundsätzlich stossende Ungerechtigkeit: Während der Personen- und Warentransport auf der Strasse für ein Drittel der Kohlendioxid-Emissionen verantwortlich sei, fliesse vom CO2-Fonds zwischen einer und bestenfalls zwanzig Millionen Franken in den Aufbau einer Ladeinfrastruktur am Wohnort. «Wir sollten jedoch entsprechend dem berechneten Anteil am CO2-Ausstoss ein Drittel der CO2-Abgaben erhalten, um den Strassenverkehr zu dekarbonisieren», fordert Launaz. Das wäre aus der Sicht der Autobranche der eigentliche Sinn eines CO2-Gesetzes. «Aber in der vorliegenden Form ist das Gesetz für die Autobranche unnötig.»
Wo bleibt die nötige Infrastruktur?
Für Launaz ist stossend, dass die Politik zwar bei der Autobranche Verantwortung einfordere, bei sich selbst aber nicht: «Die Politiker haben entschieden, mit welchen umweltschonenden Autos wir zukünftig fahren sollen. Aber die Verantwortung für die Infrastruktur nehmen sie nicht wahr.» Er habe kürzlich einen Brief an Bundesrätin Simonetta Sommaruga geschrieben und ihr die Frage nach den Versorgern gestellt. Der Bund möchte, dass die Autobranche bis 2025 mit Steckerfahrzeugen rund 40 Prozent des Marktes abdecke. «Die Industrie ist parat, die Produkte sind am Anrollen oder bereits da», hält Launaz fest. Aber: «Der Bundesrat kann den Autoherstellern und Importeuren nicht auch noch die Ladeinfrastruktur aufbürden. Als die ersten Autos mit Verbrennungsmotor in die Schweiz kamen, haben die Autohersteller ja auch nicht Tankstellen gebaut.» Launaz fordert deshalb deutlich mehr Progress beim Hochfahren der für Steckerfahrzeuge nötigen Infrastruktur: Eine einfache Rechnung genüge, sagt er: «Wenn sich der Elektroautomarkt in gleicher Weise weiterentwickelt, werden wir bis 2025 rund 400’000 zusätzliche Steckerfahrzeuge in Verkehr setzen. Drei Viertel der Kunden sind Mieter. Es braucht also mehrere Hunderttausend Ladestationen – eine enorme Steigerung. Wie viel Geld erhalten wir dafür vom neuen CO2-Fonds? Fast keinen Franken.»
Der Druck ist schon gross genug
Der Präsident von Auto-Schweiz weist ausserdem darauf hin, dass die Emissionsziele ohnehin stetig strenger werden. Die Autohersteller würden Milliarden in grüne Technologie investieren. «Wenn die nächste Abgasnorm Euro-7 kommt – wir nehmen an, ab 2025 –, wird diese durch Dieselmotoren nicht mehr einzuhalten sein», stellt Launaz fest. Zu den Neuinvestitionen würden noch die Strafzahlungen der Schweizer Importeure kommen. Der Druck auf Hersteller und Importeure sei gross genug, da brauche es nicht noch zusätzliche Abgaben durch die Benutzer. Im Gespräch hält François Launaz aber auch fest: «Wir sind nicht gegen die Obergrenze von 95 Gramm CO2 je Kilometer. Wir wissen, dass die Emissionen gesenkt werden müssen. Kein Autokonzern behauptet das Gegenteil.»
«Anderer Standort als Genf kommt nicht infrage»
Im Interview mit der NZZ äusserte sich François Launaz auch zur aktuellen Situation rund um den Autosalon 2022 in Genf. Er bestätigt, dass man einen Partner für die nächste Messe gefunden habe. Aber nicht einen Investor; man sei frei geblieben. Der Partner komme aus dem Nahen Osten und wolle auch im eigenen Land eine grosse Automesse organisieren. Dabei werde man ihn unterstützen.
Die Einschreibung für den Salon 2022 habe soeben begonnen. «Wir rechnen mit negativen Effekten aus der Corona-Krise und haben die Geneva International Motor Show etwas kleiner angelegt und um zwei Tage verkürzt», führt Launaz aus. Dies hätten sich auch die Autohersteller gewünscht. Entsprechend würden auch die Besucherzahlen zurückgehen. Am Konzept selbst würde sich damit auch etwas ändern: «Es wird alles etwas kleiner, aber auch dynamischer werden.» Man sei sich bewusst, dass man einen statischen Autosalon wie bis anhin nicht mehr durchführen könne.
Launaz wurde auch gefragt, ob es ihn beunruhige, dass der VW-Konzern für die erste IAA in München im Herbst 2021 die Auftritte der Marken Seat und Skoda abgesagt habe. «Ja und nein», antwortete Launaz. Die VW-Gruppe habe lange überlegt, ob sie in München ausstellen wolle. Möglicherweise sei München als Standort mit der Hausmacht BMW ein Hinderungsgrund. In Genf habe man aber bereits in den letzten Jahren gespürt, dass einige Marken nicht mehr teilnahmen. «Aber solange wir keine klaren Absagen haben, besteht die Hoffnung auf einen guten Salon Genf 2022», so Launaz. Andere Standorte in der Schweiz kommen nicht infrage.
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