Boxenstopp mit Hubert Waeber
Chipkrise: «Die meisten Garagen sind kulant»
sco. Hubert Waeber, die Chipkrise bremst die Produktion von Neuwagen. Wie ist die Situation bei den Schweizer Markenhändlern?
Hubert Waeber, Inhaber AHG Group: Die meisten Hersteller und Importeure können zurzeit entweder keine Fahrzeuge oder nur mit grosser Verzögerung oder dann nicht alle bestellten Optionen liefern.
Gibt es betreffend Verfügbarkeit grosse Unterschiede zwischen den Marken – oder ist das Problem markenübergreifend in etwa dasselbe?Es gibt nur vereinzelte Hersteller, bei denen das Problem bis jetzt weniger ausgeprägt ist.
Wie reagieren die Kunden, wenn Sie Ihnen sagen müssen, dass das Wunschauto frühestens im Sommer 2022 kommt?
Selbstverständlich sind die Kunden gar nicht begeistert. Da aber das Problem bei fast allen Marken besteht, entscheiden sich einige Kunden, den ausgelaufenen Leasingvertrag zu verlängern oder für die Bestellung eines Neuwagens zu warten. Andere wiederum wollen jetzt bestellen, damit sie sicher sind, im nächsten Jahr das neue Fahrzeug zu erhalten.
Offenbar gibt es zunehmend Kunden, die von unterzeichneten Verträgen zurücktreten. Wie ist damit umzugehen?
Die meisten Garagen sind da mit den Kunden ziemlich kulant. Da im Moment ohnehin zu wenige Fahrzeuge kommen, kann die annullierte Bestellung einem anderen Kunden verkauft werden. Das grössere Problem besteht mit den Kunden, die im Februar oder März 2021 ein Fahrzeug bestellt haben und davon ausgegangen sind, dass der Wagen im Sommer geliefert würde. Das Auto wurde nicht vor den Werksferien produziert. Und während den Werksferien stellen die Fabriken die Bänder auf das neue Modellhalbjahr um. Nun musste dem Kunden das Fahrzeug nochmals mit geänderten Motoren und Optionen verkauft werden und dazu noch zu einem höheren Preis. Auch der Leasingantrag musste neu gemacht werden. Das bedeutete viel Überzeugungskraft und viel Aufwand. Und nun kommen die Fahrzeuge auch nicht vor Ende Jahr. Es beginnt dasselbe Prozedere für das neue Produktionsjahr nach Neujahr.
Ein Problem bei einem Neuwagenkauf mit Eintausch besteht darin, dass der einzutauschende Wagen viel länger gefahren wird, als ursprünglich angenommen, und daher an Wert verliert. Wie soll ein Garagist dieses Problem lösen?
Da muss dem Kunden erklärt werden, dass sein Fahrzeug an Wert verloren hat. Im Gegenzug hat aber die Amortisation des Neuwagens noch nicht begonnen. All dies bedeutet aber auch einen Zusatzaufwand. Da kommt uns etwas entgegen, dass die Preise der Occasionen derzeit steigen. Ein für die Branche ebenfalls nicht zu unterschätzendes Problem: Automobil-Verkaufsberater arbeiten auf Provisionsbasis. Wenn sie keine Autos verkaufen können, haben sie auch keine Chance, sich eine Provision zu verdienen.
Wie verhält man sich als Garagist?
Wenn die Vertragseingänge hoch bleiben und die Ablieferungen sich verzögern, kann dem Verkäufer monatlich eine Anzahlung auf die zu erwartenden Provisionen nach den Ablieferungen bezahlt werden. Das gleicht sich dann aus. Problematisch wird in den nächsten Monaten aber sein, dass die Garagen viel zu wenige Neuwagen und auch Occasionen am Lager haben. Somit werden auch die Vertragseingänge von Neu- und Occasionswagen tiefer ausfallen, denn ohne Lagerwagen wird die Nachfrage eh kleiner sein.
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