Diskussion
«Was Tesla macht, ist die dümmste und obszönste Variante der Elektromobilität»
15. Mai 2019 agvs-upsa.ch – In der allgemeinen Diskussion um Elektromobilität mahnt der deutsche Verkehrsexperte und ehemalige Greenpeace-Mann Wolfgang Lohbeck, dass die Diskussion um die Antriebstechnologien in die falsche Richtung läuft. Ansetzen müsste man bei den SUV.
srh. In Berlin trafen sich die Aktionäre von Volkswagen, um die Zukunft des Konzerns zu diskutieren. VW will unter der Führung von CEO Herbert Diess zum wichtigsten Elektroauto-Konzern der Welt werden. Die «Süddeutsche Zeitung» unterhielt sich anlässlich dieses Treffens mit dem ökologisch angehauchten Verkehrsexperten Wolfgang Lohbeck, der mit nüchtern-pragmatischen und gleichwohl plakativen Aussagen überrascht. Lohbeck hatte über 30 Jahre bei Greenpeace gearbeitet und die Verkehrskampagnen geleitet sowie spritsparende Autos entwickelt.
Selbst fährt Lohbeck einen alten Benziner und teilt die weit verbreitete Begeisterung für Elektroautos nicht: «Die Ausschliesslichkeit, allein auf die E-Mobilität zu setzen, halte ich für ganz falsch. Die Frage nach dem Antrieb ist eine falsche, auch wenn Volkswagen, Daimler und die Gesellschaft darauf so viel Energie verwenden.» Die Fokussierung auf Elektromobilität lenke von den eigentlichen Problemen ab. «Das Urproblem ist das Gewicht, die Masse, die muss runter, denn hohes Gewicht braucht viel Energie, egal welche. Und auch Ökostrom ist weder ‹sauber› noch umsonst, er ist sogar besonders kostbar», wird Lohbeck im Interview zitiert.
Nicht jedes Elektroauto ist ökologisch
Entsprechend hart geht der Öko-Mensch mit Tesla ins Gericht: «Was diese Firma herstellt, ist die dümmste und obszönste Variante der Elektromobilität. Einen Drei-Tonnen-Wagen zu bewegen, noch dazu mit extremen Beschleunigungswerten, das kann nicht ökologisch sein und auch nicht sozial. Das ist Energieverschwendung, das ist Ressourcenverschwendung, das ist Platzverschwendung, und das ist asozial.» Nicht jedes Elektroauto sei gut und ökologisch, hält er fest.
Allerdings gibt er sich auch gegenüber den traditionellen Autoherstellern skeptisch: «Noch nie habe ich es erlebt, dass Auto-Manager aus Einsicht in ökologische Notwendigkeiten eine Wende eingeleitet haben. Sie reagierten auf den Druck ‹von der Strasse›, also der Öffentlichkeit, und auf den der Gesetze.» Entsprechend kritisiert Lohbeck die staatliche Förderung von E-Mobilität. «Der Staat sollte es aus den genannten Gründen bleiben lassen – oder sehr restriktiv einschränken auf kleine Fahrzeuge», fordert er.
Bei der Grösse ansetzen
Die sogenannte Nullemission sei eine Illusion. «Auch E-Autos haben einen beträchtlichen CO2-Ausstoss, wenn man sich den Strom-Mix ansieht, bei Produktion und beim Betrieb», hält Lohbeck fest. Nach dem Stand der Technik, also beispielsweise mittels Leichtbau und Hochaufladung, liessen sich schon heute kleine, leichte Wagen mit real 1,5 Litern Benzin oder Diesel durch die Stadt bewegen, das würde 30 bis 40 Gramm CO2 entsprechen. Die Forderung «null Benzin, null Diesel» hält er für unsinnig. Diese Forderung würde auch ausser Acht lassen, dass man sich dabei von Ressourcen abhängig mache, auf die nur wenige Länder Zugriff hätten – wie beispielsweise China.
Für Lohbeck liegt der Ansatz in der Grösse der Autos: «Es ist ein Kreis, der sich schliesst aus Marketing-Taktik einerseits und den damit geweckten Bedürfnissen beim Verbraucher andererseits.» Die Beschleunigung und die Kräfte seien bei einem schweren SUV verhängnisvoll und extrem gefährlich. «Deshalb sollten diese Fahrzeuge in der Stadt entweder ganz verboten oder mit einem speziellen Tempolimit belegt werden, egal ob Diesel, Benzin oder Elektro», so die radikale Forderung von Lohbeck. Im Zweifelsfall sei der Elektro-SUV wegen der stärkeren Beschleunigung sogar noch gefährlicher als ein Benzin- oder Diesel-SUV.
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>TPR Garage P.Wermuth, 22. Mai 2019 - 8:06