Emil Frey Racing
«Wir wollen die Besten, nicht die Grössten sein»
24. Juli 2020 agvs-upsa.ch – Mit seinem erfolgreichen Rennteam unterstreicht der Schweizer Importeur Emil Frey seine jahrelange Erfahrung und seine Kompetenz im Autogewerbe auch auf den Rennstrecken. Teamchef Lorenz Frey-Hilti nahm AUTOINSIDE mit auf eine exklusive Tour durch die kleine, aber feine Safenwiler Motorsportabteilung.
Mit Rennen dieses Wochenende in Imola und Anfang August in Misano soll die Saison für Emil Frey Racing endlich wieder starten. Quelle: Emil Frey Racing
sco/jas. Bei Schweiz und Rennsport denken viele Schweizerinnen und Schweizer automatisch an Peter Sauber. Dabei geht viel zu oft vergessen, dass auch Emil Frey – und zwar bereits in der dritten Generation – im Motorsport nicht nur Vollgas gibt, sondern auch sehr erfolgreich ist. Schon Firmengründer Emil Frey nahm bis 1935 mit verschiedenen Zweiradmarken an Rennen teil und gewann unter anderem den GP Europa und das Klausenrennen. In den 1950er-Jahren fuhr der passionierte Mechaniker und erfolgreiche Geschäftsmann auch Rallyes mit Jaguar und Austin. Den Grundstein für die Motorsportabteilung legte dann sein Sohn Walter Frey Mitte der 1960er-Jahre. Der heute 76-jährige Patron des Autoimporteures sicherte sich auf Mini Cooper S, Triumph Dolomite und Toyota Celica mehrere Schweizer Meistertitel und fuhr auch in der Formel 2 und Formel 3. 2012 wurde das Motorsport-Team des erfolgreichen Schweizer Autoimporteurs wiederaufgebaut, dieses Mal mit dem Fokus auf den Langstreckenrennsport und die GT3-Meisterschaften. Dafür konstruierten die Schweizer eigens einen Emil Frey GT3-Jaguar. Vom Fahrer des erfolgreichen Schweizer Privatteams ist der heute 29-jährige Lorenz Frey-Hilti inzwischen zum Teamchef geworden. Und bereits in der ersten Saison als neues Partnerteam von Lamborghini konnte Emil Frey Racing 2019 gleich acht Siege in 14 Rennen verbuchen und den Meistertitel in der International GT Open Serie feiern.
Der Teamchef Lorenz Frey-Hilti vor einem der beiden Lamborghini-Renner. Quelle: AGVS-Medien
Diesen Schwung wollte man auch in die neue Saison mitnehmen, doch dann kam die Corona-Krise und wirbelte nicht nur die Autobranche, sondern auch den Motorsport gehörig durcheinander. AUTOINSIDE erhielt einen exklusiven Einblick in die Vorbereitungen auf die neue Rennsaison und hinter sonst verschlossene Türen von Emil Frey Racing, dessen Heimat in einem recht unscheinbaren, zweistöckigen Gebäudekomplex am Safenwiler Hauptsitz liegt. Ein Kernteam von 22 Leute arbeitet hier. Dazu gehören auch zwei Mitarbeiter, die in einem Emil-Frey-Betrieb schon die Lehre gemacht haben. «Wir haben einen super Mix im Team und auch keine ständigen Wechsel. Im Motorsport herrscht im Allgemeinen ein grosser Kampf um Talente, nicht nur bei den Fahrern», erläutert Teamchef Lorenz Frey-Hilti. «Der Vorteil von Emil Frey Racing ist: Hier tragen die Leute klar mehr Verantwortung als bei grossen Teams. Sie sind nicht einfach einer von 500 oder 1000 Entwicklern. Zudem haben wir kurze Entscheidungswege, das hilft ebenfalls.»
Am Wochenende gilt es in Imola Ernst für die beiden Lamborghini-Renner von Emil Frey Racing. Quelle: Emil Frey Racing
Lorenz Frey-Hilti ist für die strategische Führung und Ausrichtung, die Kommunikation und das Marketing der Rennabteilung verantwortlich und überlässt die operative Führung seinem technischen Direktor Jürg Flach. Dieser hat eine schlagkräftige Truppe zusammengestellt, wie die Erfolge 2019 beweisen. «Wir bei Emil Frey sind Fachleute im Autogewerbe, das können wir mit Emil Frey Racing auch auf der Rennstrecke unter Beweis stellen. Und das sogar mit einer Marke, die wir als Importeur und im Handel gar nicht vertreten. Das macht das Ganze noch etwas spezieller», erklärt Frey-Hilti und beginnt den exklusiven Rundgang im Grossraumbüro, wo mehrere Ingenieure und Techniker über Computern brüten. «Wir beschäftigen beispielsweise zwei Designer, die spezifische Teile entwerfen für die beiden Lamborghini und die Dienstleistungen auch anderen Teams anbieten.» Denn Emil Frey Racing ist nicht nur ein reines Einsatzteam, sondern besitzt auch die Infrastruktur, um Entwicklung an den Rennsportboliden zu betreiben. «Wie bei den Alltagsfahrzeugen geht es auch im Rennsport darum, die Fahrzeuge möglichst effizient zu machen, ob bei der Aerodynamik oder auch dem Verbrauch – das geht vielfach vergessen», erklärt Frey-Hilti. «Gewisse Ideen und Erfahrungen aus den Rennen und Tests flossen zum Beispiel bei den Lexus-Einsätzen direkt zum Werk zurück und hatten Einfluss auf die Produktion.»
Der Blick ins Cockpit des GT-Renners macht es klar: Am Steuer ist heute Multitasking gefragt. Quelle: AGVS-Medien
Das bei den Einsätzen mit dem Emil Frey GT3 Jaguar und dem Lexus RC F GT3 erworbene Know-how half dem Schweizer Team auch, sich so rasch mit den beiden Lamborghini Huracán GT3 Evo zurechtzufinden. Und die Zusammenarbeit mit den Italienern funktioniert – selbst während des Lockdowns und der Produktionsschliessung – sehr gut. «Als eines der offiziellen Referenzteams können wir zum einen auf drei Werksfahrer von Lamborghini zurückgreifen und zum anderen auch auf den Ersatzteile-Truck des Werks. Das heisst, man muss klar weniger Material zu den Rennen mitnehmen», verrät der 29-Jährige und führt uns an schon gepackten Rollkisten vorbei. «In der Regel hat man meist ein komplettes Ersatzauto pro Fahrzeug dabei. Schliesslich gibt es nichts Ärgerlicheres, als den Rennerfolg wegen eines fehlenden Teils aufs Spiel zu setzen. Das steht auch nicht im Verhältnis zum Aufwand, den man sonst betreibt.» Denn wie beim Importeur selbst, legt man auch bei Emil Frey Racing Wert auf den gezielten Einsatz der Mittel. «Wir verfügen über schlanke Strukturen. Auch im Rennsport ist es entscheidend, dass man das, was man ausgibt, am richtigen Ort investiert. Wir bei Emil Frey Racing wollen die Besten, nicht die Grössten sein», macht Teamchef Frey-Hilti seine Ziele klar.
Keine einfache Aufgabe in der prestigeträchtigen GT-Klasse. Hier treten die unterschiedlichsten Fahrzeuge diverser Marken gegeneinander an – und weltweit wohl bis zu 380 GT3-Renner. Damit dies trotz der unterschiedlichsten Voraussetzungen und Leistungsstufen der Fahrzeuge fair geschieht, wird gemäss dem Prinzip der «Balance of Performance» – kurz BOP – eine Einstufung der Boliden vorgenommen. «Jedem Fahrzeug wird anhand von Gewicht, Abtrieb und Leistung ein Delta zugewiesen. In dieses Delta müssen die drei Variablen gebracht werden. Das heisst, dass man je nach Rennen vielleicht plötzlich etliche Kilos mehr in die Box auf dem Beifahrersitz packen muss als die Konkurrenz. Manchmal recht ärgerlich. Aber die Rechnung geht auf: Wir haben in der letzten Saison meist zehn Fahrzeuge innerhalb einer Sekunde und somit stets sehr spannende Rennen gehabt», konstatiert der Teamchef und führt uns weiter zum Fitnesscenter.
Im teameigenen Fitnesscenter demonstriert Lorenz Frey-Hilti eine Übung für die Fahrer. Quelle: AGVS-Medien
Hier können sich die Fahrer spezifisch auf die Rennen vorbereiten. «Vor allem an die G-Kräfte, die in jeder Kurve und bei jedem Bremsen am Körper zerren, muss man sich gewöhnen. Zudem gilt es auch mit hohem Puls von rund 170 Schlägen stets voll konzentriert zu sein und noch gewisse Tasks im Cockpit zu vollführen», erläutert Frey-Hilti und stellt sich locker aufs Balanceboard. Der 29-Jährige beweist dabei nicht nur einen ausgezeichneten Gleichgewichtssinn, sondern macht klar, dass an der Wand gleichzeitig auch noch die Reaktionsschnelligkeit und das periphere Sehen trainiert werden. «Mein Trainer liess mich zusätzlich noch Rechenübungen lösen. Nur so lernt man Multitasking, was fürs Rennen unerlässlich ist», erläutert Frey-Hilti. Selbst ins Cockpit steigt der Teamchef, der nach mehreren Eishockeyverletzungen mit 19 Jahren eigentlich recht spät erst den Einstieg in den Motorsport wagte, nicht mehr: «Klar reizt es mich noch. Ich habe schliesslich Benzin im Blut, aber der Aufwand wäre zu gross geworden. Ich konzentriere mich nun auf andere Aufgaben.»
Eindrücklich auch der Blick in den Raum nebenan mit dem hydraulischen Rennsimulator – der übrigens auch von externen Kunden und für Events gebucht werden kann. Hier würde wohl jeder Hobbygamer in Freudentränen ausbrechen: Eine riesige 225-Grad-Leinwand, die jedem Kino gut ansteht, umspannt das GT-Cockpit. «Jede GT-Strecke ist inzwischen lasergescannt, mit Daten zu jeder Rille im Asphalt. Das erlaubt eine gute Vorbereitung auf die Rennen. Wir spielen auch den gleichen Motorensound ein. Bis auf die G-Kräfte ist so eigentlich alles simulierbar», verrät Frey-Hilti. Die Fahrdaten gehen ausserdem direkt zum Ingenieur, der für die Simulationsfahrten weitere Inputs geben kann. Nur: Die Corona-Krise machte wegen der Reisebeschränkungen für viele Fahrer selbst Trainings im Simulator unmöglich.
Im hydraulischen Rennsimulator können sich Piloten Details zu den Strecken einprägen. Quelle: AGVS-Medien
Emil Frey Racing geht 2020 mit dem Österreicher Norbert Siedler, dem Kanadier Mikael Grenier, dem Italiener Giacomo Altoè, dem Franzosen Franck Perera, dem Spanier Albert Costa und dem Schweizer Ricardo Feller an den Start. «Wir durften bei der Auswahl der Werksfahrer mitbestimmen und haben auch sonst ein sehr gutes Einvernehmen mit Lamborghini», sagt Frey-Hilti. «Mit Ricardo Feller haben wir zudem einen Fahrer im Team, der nicht einmal 15 Minuten von Safenwil entfernt aufgewachsen ist. Das freut uns als Schweizer Team sehr.» Fahrer in der GT-Klasse müssen nicht nur schnell, sondern vor allem konstant schnell und vor allem auch echte Teamplayer sein. «Man fährt das Auto ja meist zu dritt und muss folglich auch mit dem Set-up eines Teamkollegen zu Recht kommen. Das kann nicht jeder», erläutert Frey-Hilti während er uns an den beiden fast fertig aufgebauten Lamborghini Huracán GT3 Evo entlangführt. «Vor allem muss das Fahrzeug in einem guten Zustand und nicht völlig runtergeritten zurück an die Box gebracht werden.» Als absoluten Glücksfall für sein Team bezeichnet er Albert Costa. Der Spanier schaffte den Sprung von den Formel-Klassen in die Formel 1 zwar nicht und setzte danach mehrere Jahre aus. «Bei uns kam er schon nach drei, vier Runden auf Topspeeds und gehört nun zu den besten im GT3-Fahrerfeld.»
Selbst wenn über das attraktive GT3-Rennformat in der Schweiz kaum berichtet wird, besitzt die Serie vor allem in Spanien, Deutschland, Italien und England eine riesige Fangemeinde. Hier pilgern an den Rennwochenenden normalerweise Zehntausende von Fans an die Rennstrecken. Das dürfte bei den ersten beiden Rennen der Saison für einmal komplett anders sein. Sie sind Ende Juli in Imola und Anfang August in Misano und somit ausgerechnet im durch Corona arg gebeutelten Italien angesetzt. Daher gab es auch neben den sonst schon umfassenden GT3-Reglementen einen ganzen Stapel an neuen Bestimmungen, die während der Renneinsätze einzuhalten sind. «Wie wir in den teils engen Boxen die Social-Distancing-Regeln einhalten wollen, ist mir noch nicht ganz klar», gesteht Frey-Hilti. Er freut sich trotzdem auf den Saisonstart: «Alle sind froh, dass es nun endlich wieder losgeht!» Der Teamchef hofft einfach, dass es zuvor noch Gelegenheit zum Testen gibt. Zwar kennt die Emil-Frey-Crew die Boliden der Lamborghini Squadra Corse schon vom letzten Jahr her, aber in der GT World Challenge Europe, ehemals Blancpain GT Series, wird mit Pirellireifen gefahren, letztes Jahr war Emil Frey Racing in der International GT Open Serie noch mit Michelin bereift. Somit fehlen den Safenwilern wichtige Testdaten. Schliesslich ist es im Motorsport unabdingbar, zu wissen, wann die Gummis ihr optimales Leistungsfenster entwickeln. Eine Herausforderung, die das Emil Frey Racing bis zum Saisonstart aber sicherlich auch noch meistern wird.
Mit Rennen dieses Wochenende in Imola und Anfang August in Misano soll die Saison für Emil Frey Racing endlich wieder starten. Quelle: Emil Frey Racing
sco/jas. Bei Schweiz und Rennsport denken viele Schweizerinnen und Schweizer automatisch an Peter Sauber. Dabei geht viel zu oft vergessen, dass auch Emil Frey – und zwar bereits in der dritten Generation – im Motorsport nicht nur Vollgas gibt, sondern auch sehr erfolgreich ist. Schon Firmengründer Emil Frey nahm bis 1935 mit verschiedenen Zweiradmarken an Rennen teil und gewann unter anderem den GP Europa und das Klausenrennen. In den 1950er-Jahren fuhr der passionierte Mechaniker und erfolgreiche Geschäftsmann auch Rallyes mit Jaguar und Austin. Den Grundstein für die Motorsportabteilung legte dann sein Sohn Walter Frey Mitte der 1960er-Jahre. Der heute 76-jährige Patron des Autoimporteures sicherte sich auf Mini Cooper S, Triumph Dolomite und Toyota Celica mehrere Schweizer Meistertitel und fuhr auch in der Formel 2 und Formel 3. 2012 wurde das Motorsport-Team des erfolgreichen Schweizer Autoimporteurs wiederaufgebaut, dieses Mal mit dem Fokus auf den Langstreckenrennsport und die GT3-Meisterschaften. Dafür konstruierten die Schweizer eigens einen Emil Frey GT3-Jaguar. Vom Fahrer des erfolgreichen Schweizer Privatteams ist der heute 29-jährige Lorenz Frey-Hilti inzwischen zum Teamchef geworden. Und bereits in der ersten Saison als neues Partnerteam von Lamborghini konnte Emil Frey Racing 2019 gleich acht Siege in 14 Rennen verbuchen und den Meistertitel in der International GT Open Serie feiern.
Der Teamchef Lorenz Frey-Hilti vor einem der beiden Lamborghini-Renner. Quelle: AGVS-Medien
Diesen Schwung wollte man auch in die neue Saison mitnehmen, doch dann kam die Corona-Krise und wirbelte nicht nur die Autobranche, sondern auch den Motorsport gehörig durcheinander. AUTOINSIDE erhielt einen exklusiven Einblick in die Vorbereitungen auf die neue Rennsaison und hinter sonst verschlossene Türen von Emil Frey Racing, dessen Heimat in einem recht unscheinbaren, zweistöckigen Gebäudekomplex am Safenwiler Hauptsitz liegt. Ein Kernteam von 22 Leute arbeitet hier. Dazu gehören auch zwei Mitarbeiter, die in einem Emil-Frey-Betrieb schon die Lehre gemacht haben. «Wir haben einen super Mix im Team und auch keine ständigen Wechsel. Im Motorsport herrscht im Allgemeinen ein grosser Kampf um Talente, nicht nur bei den Fahrern», erläutert Teamchef Lorenz Frey-Hilti. «Der Vorteil von Emil Frey Racing ist: Hier tragen die Leute klar mehr Verantwortung als bei grossen Teams. Sie sind nicht einfach einer von 500 oder 1000 Entwicklern. Zudem haben wir kurze Entscheidungswege, das hilft ebenfalls.»
Rennaction live miterleben
Wer den Saisonauftakt des Schweizer Motorsportteams live miterleben und in die heisse Rennsportaction der GT World Challenge Europe eintauchen will, kann dies über den offiziellen Youtube-Kanal tun. Das Rennwochenende in Imola vom 25/26.Juli 2020 und auch die folgenden Einsätze von Emil Frey Racing werden auf https://www.youtube.com/user/gt1world übertragen. Den direkten Link zum Livestream von Emil Frey Racing kommuniziert das Safenwiler Team jeweils am Renntag über Social Media. Der Direktlink ist jedoch auch über den allgemeinen Kanallink von oben sofort auffindbar.
Wer den Saisonauftakt des Schweizer Motorsportteams live miterleben und in die heisse Rennsportaction der GT World Challenge Europe eintauchen will, kann dies über den offiziellen Youtube-Kanal tun. Das Rennwochenende in Imola vom 25/26.Juli 2020 und auch die folgenden Einsätze von Emil Frey Racing werden auf https://www.youtube.com/user/gt1world übertragen. Den direkten Link zum Livestream von Emil Frey Racing kommuniziert das Safenwiler Team jeweils am Renntag über Social Media. Der Direktlink ist jedoch auch über den allgemeinen Kanallink von oben sofort auffindbar.
Am Wochenende gilt es in Imola Ernst für die beiden Lamborghini-Renner von Emil Frey Racing. Quelle: Emil Frey Racing
Lorenz Frey-Hilti ist für die strategische Führung und Ausrichtung, die Kommunikation und das Marketing der Rennabteilung verantwortlich und überlässt die operative Führung seinem technischen Direktor Jürg Flach. Dieser hat eine schlagkräftige Truppe zusammengestellt, wie die Erfolge 2019 beweisen. «Wir bei Emil Frey sind Fachleute im Autogewerbe, das können wir mit Emil Frey Racing auch auf der Rennstrecke unter Beweis stellen. Und das sogar mit einer Marke, die wir als Importeur und im Handel gar nicht vertreten. Das macht das Ganze noch etwas spezieller», erklärt Frey-Hilti und beginnt den exklusiven Rundgang im Grossraumbüro, wo mehrere Ingenieure und Techniker über Computern brüten. «Wir beschäftigen beispielsweise zwei Designer, die spezifische Teile entwerfen für die beiden Lamborghini und die Dienstleistungen auch anderen Teams anbieten.» Denn Emil Frey Racing ist nicht nur ein reines Einsatzteam, sondern besitzt auch die Infrastruktur, um Entwicklung an den Rennsportboliden zu betreiben. «Wie bei den Alltagsfahrzeugen geht es auch im Rennsport darum, die Fahrzeuge möglichst effizient zu machen, ob bei der Aerodynamik oder auch dem Verbrauch – das geht vielfach vergessen», erklärt Frey-Hilti. «Gewisse Ideen und Erfahrungen aus den Rennen und Tests flossen zum Beispiel bei den Lexus-Einsätzen direkt zum Werk zurück und hatten Einfluss auf die Produktion.»
Der Blick ins Cockpit des GT-Renners macht es klar: Am Steuer ist heute Multitasking gefragt. Quelle: AGVS-Medien
Das bei den Einsätzen mit dem Emil Frey GT3 Jaguar und dem Lexus RC F GT3 erworbene Know-how half dem Schweizer Team auch, sich so rasch mit den beiden Lamborghini Huracán GT3 Evo zurechtzufinden. Und die Zusammenarbeit mit den Italienern funktioniert – selbst während des Lockdowns und der Produktionsschliessung – sehr gut. «Als eines der offiziellen Referenzteams können wir zum einen auf drei Werksfahrer von Lamborghini zurückgreifen und zum anderen auch auf den Ersatzteile-Truck des Werks. Das heisst, man muss klar weniger Material zu den Rennen mitnehmen», verrät der 29-Jährige und führt uns an schon gepackten Rollkisten vorbei. «In der Regel hat man meist ein komplettes Ersatzauto pro Fahrzeug dabei. Schliesslich gibt es nichts Ärgerlicheres, als den Rennerfolg wegen eines fehlenden Teils aufs Spiel zu setzen. Das steht auch nicht im Verhältnis zum Aufwand, den man sonst betreibt.» Denn wie beim Importeur selbst, legt man auch bei Emil Frey Racing Wert auf den gezielten Einsatz der Mittel. «Wir verfügen über schlanke Strukturen. Auch im Rennsport ist es entscheidend, dass man das, was man ausgibt, am richtigen Ort investiert. Wir bei Emil Frey Racing wollen die Besten, nicht die Grössten sein», macht Teamchef Frey-Hilti seine Ziele klar.
Keine einfache Aufgabe in der prestigeträchtigen GT-Klasse. Hier treten die unterschiedlichsten Fahrzeuge diverser Marken gegeneinander an – und weltweit wohl bis zu 380 GT3-Renner. Damit dies trotz der unterschiedlichsten Voraussetzungen und Leistungsstufen der Fahrzeuge fair geschieht, wird gemäss dem Prinzip der «Balance of Performance» – kurz BOP – eine Einstufung der Boliden vorgenommen. «Jedem Fahrzeug wird anhand von Gewicht, Abtrieb und Leistung ein Delta zugewiesen. In dieses Delta müssen die drei Variablen gebracht werden. Das heisst, dass man je nach Rennen vielleicht plötzlich etliche Kilos mehr in die Box auf dem Beifahrersitz packen muss als die Konkurrenz. Manchmal recht ärgerlich. Aber die Rechnung geht auf: Wir haben in der letzten Saison meist zehn Fahrzeuge innerhalb einer Sekunde und somit stets sehr spannende Rennen gehabt», konstatiert der Teamchef und führt uns weiter zum Fitnesscenter.
Im teameigenen Fitnesscenter demonstriert Lorenz Frey-Hilti eine Übung für die Fahrer. Quelle: AGVS-Medien
Hier können sich die Fahrer spezifisch auf die Rennen vorbereiten. «Vor allem an die G-Kräfte, die in jeder Kurve und bei jedem Bremsen am Körper zerren, muss man sich gewöhnen. Zudem gilt es auch mit hohem Puls von rund 170 Schlägen stets voll konzentriert zu sein und noch gewisse Tasks im Cockpit zu vollführen», erläutert Frey-Hilti und stellt sich locker aufs Balanceboard. Der 29-Jährige beweist dabei nicht nur einen ausgezeichneten Gleichgewichtssinn, sondern macht klar, dass an der Wand gleichzeitig auch noch die Reaktionsschnelligkeit und das periphere Sehen trainiert werden. «Mein Trainer liess mich zusätzlich noch Rechenübungen lösen. Nur so lernt man Multitasking, was fürs Rennen unerlässlich ist», erläutert Frey-Hilti. Selbst ins Cockpit steigt der Teamchef, der nach mehreren Eishockeyverletzungen mit 19 Jahren eigentlich recht spät erst den Einstieg in den Motorsport wagte, nicht mehr: «Klar reizt es mich noch. Ich habe schliesslich Benzin im Blut, aber der Aufwand wäre zu gross geworden. Ich konzentriere mich nun auf andere Aufgaben.»
Eindrücklich auch der Blick in den Raum nebenan mit dem hydraulischen Rennsimulator – der übrigens auch von externen Kunden und für Events gebucht werden kann. Hier würde wohl jeder Hobbygamer in Freudentränen ausbrechen: Eine riesige 225-Grad-Leinwand, die jedem Kino gut ansteht, umspannt das GT-Cockpit. «Jede GT-Strecke ist inzwischen lasergescannt, mit Daten zu jeder Rille im Asphalt. Das erlaubt eine gute Vorbereitung auf die Rennen. Wir spielen auch den gleichen Motorensound ein. Bis auf die G-Kräfte ist so eigentlich alles simulierbar», verrät Frey-Hilti. Die Fahrdaten gehen ausserdem direkt zum Ingenieur, der für die Simulationsfahrten weitere Inputs geben kann. Nur: Die Corona-Krise machte wegen der Reisebeschränkungen für viele Fahrer selbst Trainings im Simulator unmöglich.
Im hydraulischen Rennsimulator können sich Piloten Details zu den Strecken einprägen. Quelle: AGVS-Medien
Emil Frey Racing geht 2020 mit dem Österreicher Norbert Siedler, dem Kanadier Mikael Grenier, dem Italiener Giacomo Altoè, dem Franzosen Franck Perera, dem Spanier Albert Costa und dem Schweizer Ricardo Feller an den Start. «Wir durften bei der Auswahl der Werksfahrer mitbestimmen und haben auch sonst ein sehr gutes Einvernehmen mit Lamborghini», sagt Frey-Hilti. «Mit Ricardo Feller haben wir zudem einen Fahrer im Team, der nicht einmal 15 Minuten von Safenwil entfernt aufgewachsen ist. Das freut uns als Schweizer Team sehr.» Fahrer in der GT-Klasse müssen nicht nur schnell, sondern vor allem konstant schnell und vor allem auch echte Teamplayer sein. «Man fährt das Auto ja meist zu dritt und muss folglich auch mit dem Set-up eines Teamkollegen zu Recht kommen. Das kann nicht jeder», erläutert Frey-Hilti während er uns an den beiden fast fertig aufgebauten Lamborghini Huracán GT3 Evo entlangführt. «Vor allem muss das Fahrzeug in einem guten Zustand und nicht völlig runtergeritten zurück an die Box gebracht werden.» Als absoluten Glücksfall für sein Team bezeichnet er Albert Costa. Der Spanier schaffte den Sprung von den Formel-Klassen in die Formel 1 zwar nicht und setzte danach mehrere Jahre aus. «Bei uns kam er schon nach drei, vier Runden auf Topspeeds und gehört nun zu den besten im GT3-Fahrerfeld.»
Selbst wenn über das attraktive GT3-Rennformat in der Schweiz kaum berichtet wird, besitzt die Serie vor allem in Spanien, Deutschland, Italien und England eine riesige Fangemeinde. Hier pilgern an den Rennwochenenden normalerweise Zehntausende von Fans an die Rennstrecken. Das dürfte bei den ersten beiden Rennen der Saison für einmal komplett anders sein. Sie sind Ende Juli in Imola und Anfang August in Misano und somit ausgerechnet im durch Corona arg gebeutelten Italien angesetzt. Daher gab es auch neben den sonst schon umfassenden GT3-Reglementen einen ganzen Stapel an neuen Bestimmungen, die während der Renneinsätze einzuhalten sind. «Wie wir in den teils engen Boxen die Social-Distancing-Regeln einhalten wollen, ist mir noch nicht ganz klar», gesteht Frey-Hilti. Er freut sich trotzdem auf den Saisonstart: «Alle sind froh, dass es nun endlich wieder losgeht!» Der Teamchef hofft einfach, dass es zuvor noch Gelegenheit zum Testen gibt. Zwar kennt die Emil-Frey-Crew die Boliden der Lamborghini Squadra Corse schon vom letzten Jahr her, aber in der GT World Challenge Europe, ehemals Blancpain GT Series, wird mit Pirellireifen gefahren, letztes Jahr war Emil Frey Racing in der International GT Open Serie noch mit Michelin bereift. Somit fehlen den Safenwilern wichtige Testdaten. Schliesslich ist es im Motorsport unabdingbar, zu wissen, wann die Gummis ihr optimales Leistungsfenster entwickeln. Eine Herausforderung, die das Emil Frey Racing bis zum Saisonstart aber sicherlich auch noch meistern wird.
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